In Zeiten von Inflation, steigenden Energiepreisen und wirtschaftlicher Unsicherheit sind IT-Kosten ein zentraler Hebel für Effizienz – vor allem in der Cloud. Immer mehr deutsche Unternehmen setzen auf Multi-Cloud-Strategien, um ihre digitale Infrastruktur flexibel, sicher und zukunftsfähig zu gestalten. Doch mit der Freiheit der Anbieterwahl wächst auch die Komplexität – und die Gefahr explodierender Kosten.
Hier kommt FinOps ins Spiel: ein modernes Betriebsmodell, das technische, geschäftliche und finanzielle Stakeholder vereint, um Cloud-Ausgaben transparent, kontrollierbar und optimierbar zu machen.
Was bedeutet Multi-Cloud und warum wird sie immer wichtiger?
Multi-Cloud beschreibt den strategischen Einsatz mehrerer Cloud-Anbieter (z. B. AWS, Azure, Google Cloud, IONOS oder Open Telekom Cloud) parallel. Laut Bitkom setzen über 60 % der deutschen Mittelständler mittlerweile auf mehr als einen Provider. Die Vorteile:
- Risikostreuung durch Anbieterunabhängigkeit
- Flexibilität bei Innovationen, Services und Preisgestaltung
- Compliance-Vorteile bei Datenspeicherung und DSGVO
Doch jede zusätzliche Cloud bringt neue Preisstrukturen, Tools und Abrechnungsmodelle mit sich. Ohne klare Prozesse und Verantwortlichkeiten führt das schnell zu Intransparenz und Budgetüberschreitungen.
FinOps: Das Betriebssystem für Cloud-Kosten
FinOps (Financial Operations) ist ein Cloud-Kostenmanagement-Framework, das auf drei Säulen basiert:
- Transparenz schaffen (Visibility)
- Zusammenarbeit fördern (Collaboration)
- Kontinuierlich optimieren (Optimization)
Es vereint IT, Finance und Business-Teams und schafft eine gemeinsame Sprache für die Cloud-Nutzung. Ziel ist es, fundierte Entscheidungen zu treffen – datenbasiert, unternehmerisch und schnell.
Warum FinOps speziell für deutsche Unternehmen essenziell ist
In Deutschland gelten besondere Anforderungen:
- DSGVO und Compliance verlangen, dass sensible Daten nachvollziehbar verarbeitet und gespeichert werden.
- Kalkulationssicherheit ist für viele mittelständische Unternehmen überlebenswichtig.
- IT-Budgets werden häufig konservativ vergeben – unerwartete Cloud-Kosten können Projekte gefährden.
Ein strukturierter FinOps-Ansatz unterstützt nicht nur die Optimierung, sondern schafft Vertrauen bei Geschäftsleitung, Datenschutzbeauftragten und Controlling.
Typische Kostenfallen in Multi-Cloud-Umgebungen
Bevor Sie FinOps einführen, lohnt ein Blick auf gängige Problemfelder:
- Überprovisionierte Ressourcen: Unnötig große VM-Instanzen oder ungenutzte Speicherplätze kosten täglich Geld.
- Fehlende Abschaltung: Entwicklungs- und Testsysteme laufen auch nachts und am Wochenende.
- Datenverkehrskosten: Insbesondere bei Multi-Cloud-Szenarien können Transfergebühren (Egress-Kosten) überraschen.
- Lizenzierungen: Bring-Your-Own-License (BYOL) wird nicht optimal genutzt.
- Shadow IT: Fachabteilungen buchen selbstständig Ressourcen, ohne zentrale Kontrolle.
FinOps sorgt dafür, dass diese Probleme frühzeitig erkannt und nachhaltig gelöst werden.
Die drei Phasen der FinOps-Optimierung
1. Informieren – Kosten sichtbar machen
Bevor Sie Kosten reduzieren können, müssen Sie verstehen, wofür sie anfallen. Tools und Maßnahmen:
- Cloud-native Dashboards wie AWS Cost Explorer, Azure Cost Management
- Third-Party-Tools wie Apptio, CloudHealth oder Finout
- Einführung von Kostenstellen-Tags: Wer nutzt was, wann und warum?
Tipp: In Odoo lassen sich benutzerdefinierte Dashboards mit Auswertungen aus Cloud-Diensten kombinieren – so behalten auch KMU den Überblick.
2. Optimieren – Ressourcen anpassen
Jetzt geht es ans Eingemachte: Wo gibt es Einsparpotenzial ohne Qualitätseinbußen?
- Rightsizing von VMs: Leistung exakt anpassen
- Reservierungen und Spot Instances nutzen
- Laufzeitpläne automatisieren (z. B. Abschaltung nachts/Wochenende)
- Verlagerung in günstigere Regionen
- Containerisierung und Serverless-Ansätze (z. B. AWS Lambda) prüfen
Bei SAP-Cloud-Anwendungen lohnt sich oft eine Analyse der tatsächlichen Last im Vergleich zur gebuchten Kapazität – hier lassen sich gezielt Lizenzkosten senken.
3. Integrieren – Prozesse und Kultur etablieren
FinOps ist keine einmalige Optimierung, sondern ein fortlaufender Prozess. Erfolgsfaktoren:
- Regelmäßige FinOps-Reviews mit IT, Finance und Management
- Automatisiertes Monitoring mit Alerts bei Abweichungen
- Incentivierung: Teams, die effizient mit Ressourcen umgehen, werden belohnt
- Schulungen für Entwickler:innen und Projektleiter:innen
Praxisbeispiele aus deutschen Unternehmen
Beispiel 1: Mittelständischer Maschinenbauer mit Multi-Cloud
Ein deutsches Familienunternehmen nutzt AWS für seine Produktdatenplattform, Azure für Office 365 und eine Private Cloud für ERP. Nach der Einführung eines FinOps-Teams konnte es:
- die Cloud-Ausgaben um 28 % senken
- 96 % der Ressourcen taggen (Kostenstellenzuordnung)
- durch Abschaltungen außerhalb der Arbeitszeit 12.000 € jährlich einsparen
Beispiel 2: E-Commerce-Anbieter mit Odoo ERP
Ein Onlinehändler mit Sitz in Köln nutzt Odoo für Einkauf, Vertrieb und Buchhaltung. Ergänzend laufen Cloud-Workloads auf GCP (Shop) und IONOS (Webhosting). Durch:
- die Einführung von automatischen Alerts (via Odoo Studio)
- Kombination von Abrechnungsdaten mit BI-Dashboards
- Integration der Cloudkosten in die Finanzplanung
konnte die monatliche Cloudrechnung um 35 % gesenkt werden – bei gleichbleibender Performance.
Tools und Services zur FinOps-Unterstützung
- Odoo Accounting: Zur Erfassung, Automatisierung und Auswertung der Cloudkosten – ideal für KMU
- Cloudability, Apptio, Finout: Für Enterprise-Multi-Cloud mit granularen Analysen
- AWS Cost Anomaly Detection: Frühwarnsystem für unerwartete Kosten
- Terraform & Ansible: Für kosteneffiziente, automatisierte Infrastruktur-Provisionierung
Sechs konkrete Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen
- Kostenstellen-Tags definieren: Wer zahlt was – machen Sie Cloudkosten sichtbar und verantwortlich.
- FinOps-Team aufstellen: Auch klein beginnen! IT, Controlling und Projektmanagement an einen Tisch bringen.
- Standard-Ressourcen evaluieren: Gibt es günstigere Instanztypen, Regionen oder Pakete?
- Abschaltpläne automatisieren: Z. B. per Odoo-Connector oder Cloud Scheduler
- Awareness schaffen: Entwickler:innen und Teams schulen, wie ihr Verhalten Kosten beeinflusst.
- Kosten in Business-KPIs übersetzen: Cloudkosten je Kunde, Transaktion oder Auftrag – so wird FinOps greifbar.
Fazit: Wer heute FinOps einführt, spart morgen bares Geld
Cloud- und IT-Kosten sind kein Blackbox-Thema mehr. FinOps gibt Unternehmen – gerade auch im deutschen Mittelstand – ein starkes Framework an die Hand, um Multi-Cloud wirtschaftlich zu betreiben. Wer jetzt in Strukturen, Transparenz und automatisierte Auswertungen investiert, schafft die Grundlage für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit.
Multi Cloud Kosten zu optimieren heißt nicht nur sparen – es bedeutet, die Cloud intelligent zu nutzen. Mit Odoo, SAP oder anderen Lösungen lässt sich das auch für kleinere Unternehmen realisieren. Starten Sie jetzt – Ihre IT-Bilanz wird es Ihnen danken.
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Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.
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