Barrierefreiheit im Web – klingt nach Bürokratie, kostet Zeit und betrifft sowieso nur Behörden? Falsch gedacht. Denn spätestens mit der BITV 2.0 und dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird Barrierefreiheit im Netz auch für private Unternehmen zum Thema.

In diesem Beitrag erklären wir, was die BITV ist, wen sie betrifft – und wie Sie Ihre Website mit wenig Aufwand zukunftssicher und inklusiv gestalten können. Ganz ohne Paragraphen-Dschungel.

 

Was ist die BITV überhaupt?

Die BITV steht für: Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung. Sie wurde erstmals 2002 erlassen und basiert auf den internationalen Richtlinien der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines). Die aktuelle Version ist die BITV 2.0 von 2011.

Ziel: Digitale Angebote sollen auch für Menschen mit Einschränkungen nutzbar sein – z. B. für blinde Menschen, motorisch eingeschränkte Nutzer oder Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen.

 

Wer ist durch die BITV verpflichtet?

Lange Zeit galt die BITV nur für öffentliche Stellen – also Behörden, Ministerien, Städte, Bildungseinrichtungen usw.

Doch mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102 und des BFSG betrifft Barrierefreiheit zunehmend auch private Unternehmen:

Gruppe Pflicht zur Barrierefreiheit?
Öffentliche Stellen (z. B. Behörden) ✅ Ja, nach BITV 2.0
Unternehmen mit Online-Shops, Kundenportalen o. ä. ⚠️ Ab 28. Juni 2025 nach BFSG
Kleine Unternehmen (<10 MA, <2 Mio. Umsatz) ❌ Ausgenommen, aber empfohlen

Fazit: Wer digitale Produkte oder Dienstleistungen anbietet, sollte sich spätestens 2025 mit barrierefreiem Webdesign beschäftigen – am besten früher.

 

Was genau verlangt die BITV?

Die BITV orientiert sich eng an den WCAG 2.1 und gliedert sich in vier zentrale Prinzipien:

1. Wahrnehmbarkeit

  • Texte müssen ausreichend kontrastreich sein
  • Bilder benötigen Alt-Texte
  • Videos brauchen Untertitel oder Transkripte

2. Bedienbarkeit

  • Navigation muss per Tastatur möglich sein
  • Fokus-Indikatoren dürfen nicht entfernt werden
  • Keine Zeitlimits ohne Möglichkeit zur Verlängerung

3. Verständlichkeit

  • Klare, einfache Sprache
  • Einheitliche Bedienmuster
  • Erklärungen für Fachbegriffe oder Abkürzungen

4. Robustheit

  • HTML-Code sollte valide sein
  • Inhalte müssen mit gängigen Screenreadern funktionieren
  • Struktur (z. B. Überschriften-Hierarchie) muss logisch sein

Wer eine Website betreibt, sollte also regelmäßig überprüfen: Können alle Nutzer*innen meine Inhalte problemlos wahrnehmen und nutzen – unabhängig von Gerät, Einschränkung oder Assistenztechnologie?

👉 Checkliste benötigt? Hier finden Sie unsere BITV Checkliste zum Download

Warum es sich auch wirtschaftlich lohnt

Barrierefreiheit ist kein Kostenfaktor – sondern ein Wettbewerbsvorteil. Hier ein paar gute Gründe, warum sich Investitionen lohnen:

Größere Zielgruppe

In Deutschland leben über 10 Mio. Menschen mit einer Beeinträchtigung. Barrierefreie Websites erreichen mehr Menschen – und zwar dauerhaft.

Bessere Usability = bessere Conversion

Was barrierefrei ist, ist auch nutzerfreundlicher. Logisch strukturierte Inhalte, klare Formulare, verständliche Sprache – davon profitieren alle Besucher.

Gutes SEO

Google mag barrierefreie Seiten. Alternativtexte, semantisches HTML, logische Struktur – all das verbessert auch das Ranking.

Weniger rechtliches Risiko

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) erlaubt Abmahnungen und Sanktionen, wenn Websites nicht zugänglich sind. Frühzeitiges Handeln schützt.

 

So machen Sie Ihre Website BITV-konform (in 5 Schritten)

  1. Schnellcheck durchführen
    Nutzen Sie kostenlose Tools wie wave.webaim.org oder Accessibility Insights, um erste Schwachstellen aufzudecken.
  2. Alt-Texte nachrüsten
    Prüfen Sie Bilder, Icons und Buttons auf sinnvolle Alternativtexte.
  3. Kontraste verbessern
    Textfarben, Buttons, Navigationsleisten – testen Sie mit einem Kontrast-Checker, ob Ihre Seite lesbar ist.
  4. Navigation vereinfachen
    Klare Menüstruktur, Tastaturbedienung, sichtbarer Fokus – das hilft allen Nutzern.
  5. Barrierefreiheitserklärung hinzufügen
    Öffentliche Stellen müssen sie gesetzlich bereitstellen – für Unternehmen ist sie empfohlen. Inklusive Feedback-Kanal!

 

Fazit: Besser jetzt als zu spät

Barrierefreiheit ist kein Nice-to-have mehr. Sie wird in den nächsten Jahren zum Pflichtprogramm für moderne Webseiten. Und wer früh handelt, spart später Kosten, Ärger und Wettbewerbsnachteile.

Denn das Web gehört allen – auch Ihren Kunden mit Screenreader, Tremor oder Farbsehschwäche.

Unterstützung gesucht? wir helfen!

Wir analysieren Ihre Website, identifizieren Barrieren und helfen bei der technischen Umsetzung – verständlich, pragmatisch und nach BITV-Standards.
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Jens

Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.