Sicherheitsforscher schlagen Alarm: Ein gigantisches Datenleck mit über 16 Milliarden gestohlenen Zugangsdaten wurde entdeckt – laut Medienberichten das größte der digitalen Geschichte. Betroffen sind nicht nur Nutzer von Online-Shops, Streaming-Diensten oder sozialen Netzwerken, sondern auch Firmenzugänge, Behördenkonten und interne Systeme. Was genau passiert ist, wie Sie überprüfen können, ob Ihre Daten betroffen sind und welche Schritte jetzt sinnvoll sind – dieser Beitrag liefert die Antworten.

 

Was ist passiert? 16 Milliarden Gründe zur Vorsicht

Im Juli 2024 stießen Experten im Darknet auf ein Paket mit über 10 Terabyte sensibler Zugangsdaten. Die Sammlung, bekannt geworden unter dem Namen „RockYou2024“, besteht aus Daten aus alten und neuen Hacks, ergänzt durch bruteforce-erzeugte Passwörter, die durch KI-gestützte Tools ermittelt wurden. Der Name lehnt sich an eine frühere Sammlung „RockYou“ aus dem Jahr 2009 an – die nun jedoch in ihrer heutigen Dimension völlig übertroffen wird.

Was enthält die Sammlung?

  • Über 16 Milliarden Kombinationen aus E-Mail und Passwort
  • Teils im Klartext, teils als Hashes
  • Viele Daten aus bereits bekannten Leaks (z. B. LinkedIn, Dropbox, Yahoo), jedoch neu kombiniert
  • Aber auch frisch geleakte Logins, die auf neue Sicherheitslücken hindeuten

Die schiere Größe lässt vermuten: Es handelt sich um ein Werkzeug für Credential Stuffing – eine Angriffstechnik, bei der gestohlene Zugangsdaten systematisch auf anderen Plattformen getestet werden.

 

Warum ist dieses Datenleck so gefährlich?

1. Riesige Angriffsfläche für Hacker

Wenn ein Angreifer nur 1 von 1.000 Zugangsdaten erfolgreich nutzen kann, reichen 16 Milliarden Kombinationen für Millionen geknackte Accounts. Das betrifft nicht nur Netflix und E-Mail-Konten – auch ERP-Systeme, interne Firmenportale oder Cloud-Dienste können Ziel sein.

2. Viele nutzen dieselben Passwörter mehrfach

Laut Bitkom verwenden über 60 % der Internetnutzer ein Passwort für mehrere Dienste. Wer also bei einem Dienst kompromittiert ist, ist möglicherweise überall angreifbar.

3. Automatisierte Angriffe nehmen zu

Moderne Angreifer setzen auf Tools mit KI, die Passwörter erraten, Muster analysieren und Millionen Kombinationen pro Minute testen – oft unbemerkt.

 

Wie finde ich heraus, ob ich betroffen bin?

1. Prüfen Sie Ihre E-Mail-Adressen

Nutzen Sie vertrauenswürdige Plattformen wie:

Geben Sie dort Ihre E-Mail-Adresse(n) ein und sehen Sie, in welchen Leaks Sie auftauchen. Achtung: Geben Sie Ihre Passwörter dort niemals ein!

2. Passwort prüfen?

Wenn Sie sich unsicher sind, ob ein konkretes Passwort geleakt wurde, bietet Have I Been Pwned auch einen sicheren Dienst zur Passwortprüfung per Hash-Vergleich: https://haveibeenpwned.com/Passwords

3. Auf Warnzeichen achten

Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bemerken, sollten Sie sofort reagieren:

  • Plötzliche Abmeldung von Konten oder Warnungen zu Anmeldeversuchen
  • Unbekannte Aktivitäten in Ihren Accounts (z. B. Versand von Mails)
  • Fehlermeldungen bei Passworteingaben trotz richtiger Eingabe

 

Was Sie jetzt konkret tun sollten

1. Sofort Passwörter ändern – vor allem bei Mehrfachnutzung

Beginnen Sie mit den wichtigsten Diensten:

  • E-Mail-Konten (Google, Outlook, GMX etc.)
  • Bankkonten und Zahlungsdienste (PayPal, Klarna, Kreditkartenportale)
  • Cloud-Dienste (Dropbox, iCloud, OneDrive)
  • Soziale Netzwerke (Instagram, LinkedIn, Facebook, X)
  • ERP, Online-Shops, VPN-Portale etc.

💡 Tipp: Erstellen Sie für jeden Dienst ein einzigartiges, starkes Passwort – am besten mit einem Passwortmanager.

2. Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) aktivieren

Die meisten modernen Dienste bieten heute 2FA an – per SMS, E-Mail oder Authenticator-App. Aktivieren Sie diese Funktion überall, wo es geht. Selbst wenn jemand Ihr Passwort kennt, braucht er dann noch Zugriff auf Ihr Zweitgerät.

3. Passwortmanager nutzen

Tools wie Bitwarden, 1Password, Dashlane oder KeepassXC helfen Ihnen, sichere Passwörter zu generieren und zu verwalten – ohne sich alle merken zu müssen. Moderne Manager prüfen sogar, ob Passwörter in Leaks enthalten sind.

 

Speziell für KMU: Warum das auch für kleine Unternehmen gefährlich ist

Viele kleine und mittlere Unternehmen glauben, sie seien für Hacker „zu uninteressant“. Das ist ein Irrtum. Die Realität:

  • Automatisierte Angriffe zielen auch auf kleine Shops, Kanzleien, Handwerksbetriebe oder Agenturen.
  • Erpressung durch Ransomware trifft oft KMU – meist über geknackte Accounts.
  • Lieferketten-Schwachstellen: Auch große Konzerne prüfen, wie sicher ihre kleineren Zulieferer sind.

Typische Einfallstore:

  • Admin-Logins zu ERP-Systemen (z. B. Odoo, Lexware, Sage, SAP Business One)
  • Fernzugriffe auf NAS-Server oder Buchhaltungssoftware
  • Mailaccounts mit Zugang zu Kunden- und Rechnungsdaten

💡 Tipp für Unternehmen: Führen Sie regelmäßige „Credential Audits“ durch – z. B. mit Odoo Security Add-ons oder einem Penetrationstest durch Ihren IT-Dienstleister.

 

Wie Sie sich künftig besser absichern

1. Passwort-Richtlinien für Mitarbeiter einführen

  • Mindestlänge: mind. 12 Zeichen
  • Kein Wiederverwenden
  • Regelmäßiger Wechsel nur bei Verdacht – nicht monatlich ohne Grund
  • Verwendung von Passwortmanagern im Unternehmen fördern

2. Zugriffe zentral verwalten

Nutzen Sie Rollen- und Rechtekonzepte im ERP-System. In Odoo zum Beispiel können Sie mit einfachen Einstellungen:

  • Nutzern nur auf bestimmte Module Zugriff geben
  • Zwei-Faktor-Authentifizierung aktivieren
  • Logins zentral deaktivieren

3. Sicherheits-Update-Strategie implementieren

  • Automatische Updates für Browser, ERP-Systeme, Mailserver etc.
  • Wöchentliche Prüfung durch Admin oder Dienstleister
  • Patchmanagement-Tools einsetzen

 

Fazit: Jetzt handeln, später nicht bereuen

Die Daten aus dem „RockYou2024“-Leak werden vermutlich noch Jahre im Umlauf bleiben. Hacker entwickeln täglich neue Strategien, um aus alten Passwörtern neue Angriffsvektoren zu basteln. Es ist daher entscheidend, dass Sie nicht nur reaktiv, sondern proaktiv handeln:

  • Prüfen Sie Ihre E-Mail-Adressen
  • Ändern Sie betroffene Passwörter
  • Nutzen Sie 2FA und Passwortmanager
  • Schulen Sie Mitarbeiter regelmäßig

💬 Noch besser: Richten Sie sich eine monatliche Erinnerung ein, um Sicherheitsthemen wie Passwörter, Updates und Accountaktivitäten zu überprüfen.

Denn eines ist klar: Die nächste Leck kommt bestimmt. Aber wer vorbereitet ist, hat nichts zu befürchten.

Jens

Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.