Der US-amerikanische Videodienst Rumble hat kürzlich ein überraschendes Angebot angekündigt: Mit einem All-Stock-Deal im Volumen von rund 1,17 Milliarden USD möchte das Unternehmen den deutschen High-Performance-Computing-Anbieter Northern Data übernehmen. Was steckt hinter diesem strategischen Schritt? Welche Rolle spielt der Stablecoin-Riese Tether? Und wie könnte sich dieses Vorhaben auf den globalen AI-Cloud-Markt auswirken? Im Folgenden findest du eine ausführliche Analyse.

1. Ausgangslage: Wer sind die Akteure?

Rumble

Ursprünglich als Plattform für konservative Inhalte gestartet, hat sich Rumble stärker Richtung Cloud- und AI-Dienste entwickelt. Nach dem erfolgreichen Börsengang 2022 erhielt das Unternehmen im Februar 2025 eine Kapitalzufuhr von 775 Millionen USD durch Tether – ein Vertrauensbeweis tief in die Wachstumsstrategie.

Northern Data

Das deutsche Unternehmen ist Experte für GPU-getriebene Infrastruktur: Mit der Taiga-Cloudplattform und Ardent-Datenzentren bietet Northern Data umfassende Rechenleistung für AI. Zudem verfügte es über eine Bitcoin-Mining-Sparte namens Peak Mining, die nun verkauft werden soll.

Tether

Der führende Stablecoin-Herausgeber ist Mehrheitsaktionär bei Northern Data (ca. 54 %) und hat ebenso in Rumble investiert. Tether steht hinter dem Vorhaben – sowohl finanziell als auch strategisch.

2. Die Dealstruktur im Detail

  • Art des Deals: All-Stock-Transaktion – Northern Data-Investoren erhalten 2,319 Rumble Class A-Aktien für jede Northern Data-Aktie.
  • Bewertung: Der Deal bewertet Northern Data mit rund 18,27 USD pro Aktie – ein Discount von ca. 32 % zum letzten Kurs.
  • Eigentümerverteilung: Nach dem Zusammenschluss würden Northern Data-Investoren etwa 33,3 % von Rumble halten.
  • Voraussetzungen: Verkauf der Mining-Einheit Peak Mining, um Schulden zu bedienen und Finanzstruktur zu bereinigen.
  • Tethers Rolle: Tether verkauft seine Northern Data-Anteile im gleichen Deal, wird so zum größten Rumble-Stamminhaber und unterzeichnet eine mehrjährige GPU-Kaufvereinbarung.

3. Strategische Motive hinter dem Schritt

Beschleunigte Expansion ins AI-Cloud-Segment

Northern Data liefert skalierte Infrastruktur: Tausende NVIDIA-H100/H200 GPUs, große Datenzentren mit bis zu 850 MW Kapazität (u. a. in Georgia, USA). Damit kann Rumble seine Cloud-Dienste kräftig erweitern.

Tethers integrierte Strategie

Mit Option auf GPU-Vorabzug, geplanter GPU-Beschaffung über Rumble und erweiterten Finanzierungsstrukturen nutzt Tether die Fusion, um seine Infrastrukturvision global zu positionieren.

Kampf gegen Amazon & Co.

Während Tech-Giganten wie AWS und Azure den Markt dominieren, sucht Rumble nach Distinktion – mit „freedom-first infrastructure“. Northern Data könnte hier als technologischer Marktöffner dienen.

4. Was könnte der Deal für die Beteiligten bedeuten?

Für Northern Data

Potenziell Abkehr von der Volatilität des Minings, klare Ausrichtung auf AI-Cloud-Modelle und Zugang zu einem starken Partnernetzwerk. Andererseits Preisnachteil und hoher Ausstiegsdruck für Aktionäre.

Für Rumble

Von YouTube-Alternative zu ernsthaftem Cloud-Anbieter – mit enormer GPU- und Datacenter-Kapazität. Governance bleibt stabil bei CEO Pavlovski, während Unternehmenswert steigen dürfte.

Für Tether

Ziel: Aufbau eines integrierten Compute-Stacks, Stärkung ihrer Investments und globale Präsenz im AI-Cloud-Bereich – mit direkter Nachfragesteuerung über Rumble.

5. Risiken & rechtliche Hürden

  • Deals bleiben unverbindlich: Beide Seiten verhandeln noch, mit Due Diligence, Aufsichtsbehörden und finaler Bewertung offen.
  • Verkauf der Mining-Einheit unsicher: Peak Mining läuft über Elektron Energy – Abschluss soll geschehen, ist aber nicht garantiert.
  • Regulatorischer Prüfungsbedarf: Besonders in Deutschland (BaFin) und den USA bei Cloud- und KI-Infrastruktur.
  • Finanzielle Transparenz: Northern Data sah sich zuvor mit Fraud-Vorwürfen ehemaliger Direktoren konfrontiert. Diese wurden offiziell bestritten, könnten aber regulatorischen und PR-Risikofaktor darstellen.

6. Ausblick: Was kommt als Nächstes?

Rumbles Aktie reagierte (+17–20 %) auf die Nachricht – aber weitere Kursimpulse sind an wesentliche Meilensteine gebunden:

  • detaillierte Prüfung der Finanzen, Marktposition, Vertragswerke
  • Verkauf von Peak Mining und Abzug der Schulden bei Tether
  • Formeller Vorstandsbeschluss bei Northern Data und Rumble
  • Behördliche Freigaben – insbesondere Kartell- und Finanzmarktaufsicht

Fazit

Rumbles Angebot an Northern Data ist mehr als eine Fusion – es ist ein bewusst platzierter strategischer Schritt mit Weitblick. Mit GPU-Power, Datenzentren und Tethers Rückhalt könnte sich Rumble als ernstzunehmender AI-Cloud-Player etablieren. Der Weg ist ambitioniert, aber realistisch planbar – zumindest, wenn Finanzierungsstruktur, Governance und regulatorische Hürden reibungslos gemeistert werden. Der Deal könnte zur Blaupause werden für die nächste Generation technologischer Allianzen.

Jens

Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.