Die E-Rechnung ist in Europa längst ein zentrales Thema der Digitalisierung. Unternehmen sind verpflichtet, Rechnungen in strukturierter, maschinenlesbarer Form einzureichen – sei es an öffentliche Auftraggeber oder Geschäftspartner. Doch statt eines einheitlichen europäischen Formats existieren zahlreiche Standards: X-Rechnung, Factur-X, Peppol BIS, ZUGFeRD und weitere.Warum ist das so – und welche Optionen haben Unternehmen, um rechtskonform und effizient zu arbeiten?
Der Hintergrund: EU-Richtlinie und nationale Umsetzung
Ausgangspunkt war die EU-Richtlinie 2014/55/EU, die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen verbindlich gemacht hat.
Ziel: Einheitliche Standards, weniger Bürokratie, mehr Effizienz.
Das Problem: Jedes Land hat die Vorgaben unterschiedlich umgesetzt.
Ergebnis: kein einheitliches Rechnungsformat, sondern eine Vielzahl nationaler Lösungen.
Die wichtigsten Formate im Überblick
1. X-Rechnung (Deutschland)
Die X-Rechnung ist das deutsche Standardformat für elektronische Rechnungen an Behörden (basierend auf EN 16931). Sie ist pflichtig für B2G (Business-to-Government) und rein XML-basiert, ohne visuelle Darstellung.
- Vorteil: Strikte Standardisierung.
- Nachteil: Für den Austausch zwischen Unternehmen oft unpraktisch.
2. Factur-X (Deutschland/Frankreich)
Factur-X ist ein hybrides Format, das PDF und XML kombiniert. Das PDF dient als menschenlesbares Dokument, während die XML-Daten maschinenlesbar sind. Verbreitet vor allem in Deutschland und Frankreich.
- Vorteil: Praktisch für B2B, da Rechnungen sowohl lesbar als auch automatisch verarbeitbar sind.
3. ZUGFeRD
Das ZUGFeRD-Format (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) basiert ebenfalls auf einer Kombination aus PDF und XML. Es wird häufig im Mittelstand genutzt und ist kompatibel mit internationalen Standards.
- Vorteil: Breite Akzeptanz in der Wirtschaft.
4. Peppol BIS
Peppol (Pan-European Public Procurement Online) ist eigentlich kein Format, sondern ein Netzwerk mit einheitlichen Übertragungsstandards. Das Rechnungsformat innerhalb des Netzwerks heißt Peppol BIS.
- Vorteil: Internationale Reichweite, viele Länder in Europa und darüber hinaus (z. B. Singapur, Australien).
- Nachteil: Nicht alle Unternehmen sind angebunden, Netzwerkteilnahme erforderlich.
5. Nationale Sonderlösungen
Zusätzlich existieren zahlreiche länderspezifische Formate, etwa FatturaPA in Italien oder Chorus Pro in Frankreich. Diese orientieren sich zwar an EN 16931, weichen aber in Details ab.
Folge: Unternehmen, die international tätig sind, müssen oft mehrere Formate parallel bedienen.
Warum kein einheitliches Format?
- Historische Strukturen: Jedes Land hatte vor der EU-Richtlinie eigene Standards.
- Politische Interessen: Nationale Behörden und Softwareanbieter wollten bestehende Systeme nicht aufgeben.
- Technische Vielfalt: Unterschiedliche Branchenanforderungen (z. B. B2G vs. B2B) machen ein Universal-Format schwierig.
- Übergangsfristen: Viele Länder setzen auf Kompromisslösungen, um Unternehmen nicht zu überfordern.
Optionen für Unternehmen
Für Unternehmen stellt sich die Frage: Wie bleiben wir compliant und effizient? Die Antwort: Flexibilität und die richtige Software.
- ERP-Integration: Systeme wie Odoo, SAP oder DATEV bieten inzwischen native E-Rechnungs-Formate.
- Dienstleister: Peppol-Access-Points oder spezialisierte Anbieter übernehmen die Konvertierung.
- Hybride Formate nutzen: ZUGFeRD/Factur-X erlauben parallele Lesbarkeit & Maschinenlesbarkeit.
- International planen: Wer global tätig ist, sollte frühzeitig prüfen, welche Formate in den Zielmärkten Pflicht sind.
Ausblick: Kommt irgendwann eine einheitliche Lösung?
Die EU arbeitet an Initiativen wie ViDA (VAT in the Digital Age), die langfristig mehr Einheitlichkeit bringen könnten. Kurzfristig bleibt es aber dabei: Unternehmen müssen mit einer Koexistenz verschiedener Standards leben und Systeme einsetzen, die mehrere Formate unterstützen.
Fazit
Einheitliche E-Rechnungs-Standards in Europa sind politisch gewollt, praktisch aber (noch) nicht umgesetzt. Unternehmen stehen daher vor der Aufgabe, mehrere Formate parallel zu bedienen. Mit der richtigen Softwarestrategie – ob ERP-Integration oder spezialisierte Schnittstellen – lässt sich der Mehraufwand in Grenzen halten. Schauen Sie sich Z.B. Odoo als ERP-System an. Mit Odoo können Sie alle gängigen Formate ganz einfach auf Knopfdruck umsetzen. Klar ist: Die E-Rechnung bleibt, und Flexibilität ist der Schlüssel.
Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.
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