Wer heute im B2B erfolgreich verkaufen will, braucht mehr als ein gutes Produkt. B2B-Kunden erwarten konsistente, reibungslose Erlebnisse – egal ob sie per E-Mail bestellen, auf der Website recherchieren, im Außendienst beraten werden oder über ein Portal selbst konfigurieren. Willkommen im Zeitalter der B2B-Omnichannel-Strategie.
Doch obwohl die Vorteile offensichtlich sind, tun sich viele Unternehmen schwer mit der Umsetzung. Warum? Weil es nicht nur um Technik, sondern auch um Prozesse, Datenflüsse und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit geht. Laut Studien finden 32 % der B2B-Kunden nicht das richtige Produkt – ein Warnsignal mit Folgen für die Customer Experience und den Umsatz.
In diesem Beitrag zeigen wir, wie Sie eine Omnichannel-Strategie im B2B erfolgreich aufsetzen, welche Stolperfallen es gibt – und warum sich der Aufwand in mehrfacher Hinsicht lohnt.
Was bedeutet Omnichannel im B2B?
Im B2C ist Omnichannel längst etabliert: Kunden recherchieren online, kaufen offline, lassen sich Produkte nach Hause liefern und retournieren sie im Laden. Im B2B ist der Anspruch ähnlich – aber die Komplexität deutlich höher:
- Mehrere Ansprechpartner pro Kunde (Einkauf, Technik, Buchhaltung)
- Individuelle Preislisten, Konditionen und Zahlungsziele
- Langfristige Verträge, Ausschreibungen, individuelle Produkte
- Verschiedene Kanäle: E-Commerce, Außendienst, Messen, Kataloge, Kundenportale
Eine funktionierende B2B-Omnichannel-Strategie sorgt dafür, dass Kunden über alle Berührungspunkte hinweg dieselben Informationen erhalten – konsistent, aktuell und personalisiert.
Warum sich Omnichannel im B2B lohnt
Die Erwartungen im B2B ändern sich: Einkäufer sind heute digital erfahren, erwarten Echtzeit-Informationen und wollen selbstbestimmt interagieren. Wer diese Ansprüche erfüllt, verschafft sich echte Vorteile.
Vorteile einer Omnichannel-Strategie:
- Höhere Kundenzufriedenheit: Konsistente Informationen schaffen Vertrauen
- Bessere Customer Experience: Reibungslosere Prozesse, weniger Reibungsverluste
- Weniger Retouren und Fehlbestellungen: Durch bessere Produktinformationen
- Umsatzsteigerung: Kunden bestellen häufiger, wenn der Kaufprozess einfach ist
- Wettbewerbsvorteil: Differenzierung gegenüber rein transaktional arbeitenden Anbietern
Gerade im industriellen Mittelstand bieten moderne B2B-Omnichannel-Konzepte die Chance, sich digital neu aufzustellen – ohne das Kerngeschäft zu gefährden.
Die größten Herausforderungen bei der Umsetzung
Warum gelingt die Umsetzung dennoch so selten konsequent? Weil Omnichannel mehr erfordert als ein neues Tool oder ein schönes Frontend.
1. Silostrukturen zwischen Abteilungen
Vertrieb, Marketing, Kundenservice und IT arbeiten oft mit getrennten Systemen. Die Folge: Informationen über Kunden, Preise und Produkte sind nicht synchronisiert.
2. Unterschiedliche Datenquellen
Produktdaten, Verfügbarkeiten, Lieferzeiten – all das liegt in unterschiedlichen Systemen und Formaten vor. Ohne einheitliche Datenbasis funktioniert keine Omnichannel-Strategie.
3. Komplexe Preis- und Rabattlogik
Viele Unternehmen arbeiten mit individuellen Preislisten je Kunde. Diese in einen Onlineshop oder ein Kundenportal zu integrieren, ist technisch anspruchsvoll – aber zwingend notwendig.
4. Fehlende Integration von Front- und Backoffice
Ein professioneller Außenauftritt nützt nichts, wenn im Hintergrund Chaos herrscht. Viele Projekte scheitern daran, dass der Außendienst nicht dieselben Informationen sieht wie das Onlineportal – oder dass ERP-Daten nicht live verfügbar sind.
So gelingt die Umsetzung einer erfolgreichen B2B-Omnichannel-Strategie
Die gute Nachricht: Mit einem klaren Fahrplan, den richtigen Tools und einem abteilungsübergreifenden Ansatz lässt sich die B2B-Omnichannel-Strategie erfolgreich umsetzen.
1. Kundenzentrierte Perspektive einnehmen
Startpunkt ist immer die Frage: Wie will der Kunde mit uns interagieren? Welche Kanäle nutzt er? Was erwartet er an Information, Service und Verfügbarkeit?
Erstellen Sie typische Customer Journeys für Ihre wichtigsten Zielgruppen – und identifizieren Sie die Touchpoints, an denen inkonsistente Informationen auftauchen.
2. Technologische Basis schaffen
Eine durchdachte Systemlandschaft ist das Rückgrat jeder Omnichannel-Strategie:
- ERP-System: Zentrale Datenquelle für Preise, Bestände, Kundeninfos
- PIM (Product Information Management): Einheitliche Produktdaten, Bilder, Texte
- CRM: Kundenhistorie, Kontakte, Kommunikation
- Omnichannel-Plattform oder Middleware: Verbindet die Systeme und sorgt für konsistente Datenflüsse
3. Inhalte standardisieren und synchronisieren
Vermeiden Sie Mehrfachpflege: Produktdaten, Preise, Texte und Medien sollten einheitlich gepflegt und automatisch verteilt werden – z. B. auf Website, Onlineshop, Außendienst-App und Printkatalog.
4. Prozesse abteilungsübergreifend denken
Marketing, Vertrieb und Kundenservice müssen an einem Strang ziehen. Das gelingt nur mit gemeinsamen Zielen, klaren Zuständigkeiten und regelmäßiger Abstimmung. Omnichannel funktioniert nicht „nebenbei“ – es braucht Ressourcen, Ownership und Management-Support.
5. Kundenspezifische Erlebnisse ermöglichen
Im B2B erwarten Kunden individuelle Preise, Bestellhistorien, Empfehlungen auf Basis früherer Einkäufe. Ein Onlineshop muss mehr können als der klassische B2C-Webshop – etwa:
- Login-basierte Preis- und Produktanzeige
- Individuelle Freigabeprozesse für Bestellungen
- Technische Datenblätter und Ersatzteil-Logik
- Verknüpfung mit dem Vertriebsinnendienst
Best Practice: So machen es erfolgreiche B2B-Unternehmen
Beispiel: Ein mittelständischer Maschinenbauer integrierte sein ERP, CRM und PIM in eine zentrale Omnichannel-Plattform. Kunden können jetzt online Ersatzteile bestellen, Montageanleitungen herunterladen und haben direkten Zugriff auf ihre Servicehistorie – inklusive Chatfunktion mit dem Support.
Das Ergebnis:
- 20 % mehr Online-Bestellungen binnen 12 Monaten
- Weniger Rückfragen beim Kundenservice
- Höhere Kundenzufriedenheit durch Self-Service-Möglichkeiten
Fazit: Omnichannel ist im B2B kein Luxus, sondern Pflicht
Die Anforderungen an die B2B Customer Experience steigen. Wer heute noch mit unverbundenen Kanälen, inkonsistenten Preisen und unübersichtlichen Produktinformationen arbeitet, verliert Kunden – oder gewinnt keine neuen.
Eine erfolgreiche B2B-Omnichannel-Strategie ist kein IT-Projekt, sondern ein Transformationsprozess. Wer sie richtig angeht, schafft Vertrauen, Differenzierung und Effizienz.
Der Aufwand lohnt sich: Unternehmen, die Omnichannel erfolgreich umsetzen, steigern nicht nur Umsatz und Kundenbindung – sie machen ihr Geschäftsmodell fit für die Zukunft.
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FAQ: B2B-Omnichannel-Strategie
- Was bedeutet Omnichannel im B2B?
Die einheitliche und vernetzte Kundenkommunikation und -interaktion über alle Kanäle hinweg – online und offline. - Welche Kanäle sind im B2B relevant?
Website, Kundenportal, Außendienst, E-Mail, Telefon, Messen, Printkataloge, Marktplätze (z. B. Mercateo, Amazon Business). - Wie starte ich mit Omnichannel im B2B?
Mit einer Analyse der bestehenden Customer Journeys, dem Aufbau einer soliden Datenstruktur und der Einbindung aller Abteilungen. - Lohnt sich der Aufwand?
Ja – Unternehmen mit starker Omnichannel-Präsenz berichten von mehr Kundenzufriedenheit, höherem Umsatz und geringeren Servicekosten.
Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.
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