Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr – und ab 2025 wird sie für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zur Berichtspflicht. Die neue EU-Richtlinie zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet auch kleinere Unternehmen, ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Ziele (ESG) transparent darzulegen. Was in Großkonzernen schon längst Teil der Bilanz ist, trifft nun auch KMU – oft ohne dedizierte Nachhaltigkeitsabteilung oder ESG-Team.
Die gute Nachricht: Moderne ERP-Systeme bieten heute schon Funktionen, mit denen sich ESG-Kennzahlen automatisiert und revisionssicher erfassen lassen – und zwar ohne zeitraubende Excel-Schlachten. In diesem Beitrag zeigen wir, wie KMU Nachhaltigkeits-Reporting sinnvoll angehen, welche automatisierbaren ESG-Kennzahlen es gibt und wie zwei konkrete ERP-Systeme – darunter Odoo – dabei helfen.
Was bedeutet ESG für KMU – und warum wird es jetzt für Sie ein wichtiges Thema?
ESG steht für:
- Environmental – z. B. CO₂-Fußabdruck, Energieverbrauch, Abfallmengen
- Social – z. B. Arbeitssicherheit, Diversität, faire Arbeitsbedingungen
- Governance – z. B. Compliance, Anti-Korruption, Datenschutz
Mit dem Inkrafttreten der CSRD ab 2025 gelten neue Schwellenwerte:
-
250 Mitarbeitende oder
-
40 Mio. Euro Umsatz oder
-
20 Mio. Euro Bilanzsumme
Doch selbst kleinere Zulieferbetriebe geraten indirekt unter Druck: Denn große Kunden fordern ESG-Daten zur eigenen Berichterstattung – ein klarer Fall von „Nachhaltigkeit durch die Lieferkette“.
👉 Fazit für KMU:
Auch wenn keine gesetzliche Pflicht besteht: Wer sichtbar nachhaltig wirtschaftet, hat Vorteile bei Ausschreibungen, Finanzierungen und Kundenvertrauen. Und genau hier setzt ERP-gestütztes Reporting an. Immer mehr große Unternehmen machen ESG-Reporting zur Pflicht für Zulieferer. Darum gilt es, den ganzen Prozess über ein ERP sicher und effizient zu gestalten.
Warum ERP-Systeme ideal fürs ESG-Reporting sind
ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) sind dafür gemacht, unternehmensweite Prozesse zu erfassen, zu verknüpfen und auszuwerten – vom Einkauf über Lager und Produktion bis zur Buchhaltung.
Diese Daten sind Gold wert fürs Nachhaltigkeits-Reporting. Denn ESG braucht keine neuen Tools – sondern intelligente Auswertung bestehender ERP-Daten.
Vorteile eines ERP-gestützten ESG-Reportings:
- Automatische Datenerfassung aus bereits bestehenden Prozessen
- Reduzierung von Medienbrüchen und manuellen Excel-Tabellen
- Revisionssicherheit und Nachvollziehbarkeit
- Zentrale Datenquelle für Kundenanfragen, Audits und Berichte
Welche ESG-Kennzahlen lassen sich mit ERP automatisiert erfassen?
1. CO₂-Fußabdruck (Scope 1–3)
- Scope 1: Eigene Emissionen (z. B. Firmenfahrzeuge, Heizung)
- Scope 2: Eingekaufte Energie (z. B. Stromverbrauch in kWh)
- Scope 3: Lieferketten (z. B. Emissionen der Lieferanten)
➡️ Beispiel im ERP:
Das System kennt Stromverbräuche aus dem Standortmodul, Fahrten aus der Fuhrparkverwaltung und Lieferanten aus dem Einkauf – daraus kann automatisiert ein CO₂-Bericht entstehen (z. B. mit Emissionsfaktoren aus Datenbanken wie ADEME oder GEMIS).
2. Lieferkettentransparenz & Sozialstandards
- Herkunft von Rohstoffen
- Audits und Zertifikate (z. B. ISO 14001)
- Soziale Risiken entlang der Supply Chain
➡️ Beispiel im ERP:
Das Einkaufssystem erfasst bei jedem Artikel den Lieferanten – hier lassen sich Sorgfaltspflichten und Auditdaten hinterlegen. So wird ersichtlich, ob ein bestimmter Zulieferer Sozial- und Umweltstandards erfüllt.
3. Abfall- und Ressourcennutzung
- Produktionsausschuss
- Verpackungsmaterialien
- Wasserverbrauch
➡️ Beispiel im ERP:
In der Produktion gebuchte Ausschussmengen oder Stückzahlen von Verpackungen lassen sich automatisch erfassen und auswerten – etwa zur Ermittlung von Recyclingquoten.
4. Energieverbrauch pro Einheit
- Energieverbrauch je Produkt oder Auftrag
- Maschinenlaufzeiten vs. Strombedarf
➡️ Beispiel im ERP:
Ein Produktionsauftrag hat definierte Maschinenlaufzeiten – diese können mit typischen Verbrauchswerten verknüpft werden, um Stromverbrauch pro Auftrag zu kalkulieren.
5. Mitarbeiterbezogene ESG-Kennzahlen
- Fluktuation, Arbeitsunfälle, Diversität
- Schulungen zu Nachhaltigkeit oder Sicherheit
➡️ Beispiel im ERP:
Im HR-Modul sind Schulungstermine und Personalstruktur vorhanden – die Auswertung über Zeit liefert wertvolle HR-ESG-Daten.
Praxisbeispiel: Nachhaltigkeits-Reporting mit Odoo
Odoo ist ein Open-Source-ERP mit inzwischen mehr als 13 Millionen Benutzern, das für KMU besonders attraktiv ist – modular, flexibel und mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Seit Version 16/17 bietet Odoo verschiedene Möglichkeiten, Nachhaltigkeitsprozesse systematisch zu erfassen. Mit Odoo 18.3 wurde das ESG-Reporting (wie auch Reportings zu Equal Pay und Geschlechtergerechtigeit) erheblich optimiert. Odoo bietet Ihnen somit in den neuen Versionen nativ ein Out-of-the-Box ESG-Reporting.
So geht ESG mit Odoo:
✅ Modul „Field Service“ + „Fuhrpark“:
- CO₂-Erfassung von Dienstfahrten basierend auf Fahrzeugtyp + Strecken
- Alternative: Integration mit Fahrtenbuch-Apps oder Telematiksystemen
✅ Modul „Lager + Einkauf“:
- Lieferanteninformationen inkl. Zertifikate und Länder-Herkunft
- Tracking nachhaltiger Bezugsquellen über Custom-Felder oder Tags
✅ Modul „Projekte + Zeiterfassung“:
- Arbeitsstunden auf ESG-Initiativen (z. B. Schulung, Zertifizierung) erfassen
- Ideal für Nachweise bei CSR-Berichten
✅ Reports mit Odoo Studio oder BI-Schnittstellen:
- Eigene Dashboards: CO₂-Ausstoß pro Standort, ESG-Scorecards
- Verknüpfung mit Power BI oder Tableau für visuelle ESG-Analysen
📝 Beispiel:
Ein Hersteller von Verpackungen nutzt Odoo, um die eingesetzte Kunststoffmenge je Auftrag zu erfassen. Über Standardreports wird ein monatlicher Nachhaltigkeitsbericht erzeugt – inkl. Recyclingquote und Transportwegen.
Zweites Beispiel: ESG-Tracking mit SAP Business One
Für wachstumsstärkere KMU oder Industrieunternehmen ist SAP Business One oft im Einsatz. Das System bietet integrierte Reportingfunktionen, die sich über Add-ons wie „SAP Sustainability Control Tower“ oder Drittanbieter-Module erweitern lassen.
ESG-Use Cases mit SAP Business One:
- Automatische CO₂-Kalkulation über Artikelstammdaten
- Verknüpfung von Produktionsmengen mit Energie- und Materialverbrauch
- Nachhaltigkeitskennzahlen in der integrierten Finanzbuchhaltung
➡️ Ideal für KMU mit starkem Compliance-Fokus oder komplexeren Lieferketten.
Folgende Abbildung zeigt beispielhaft die Ausgestaltung in Odoo und SAP:
Schritt-für-Schritt: So integrierst du ESG in dein ERP
1. Bestandsaufnahme
Welche Daten zu Energie, Lieferanten, Produktion oder Personal sind bereits im ERP vorhanden?
2. Relevante Kennzahlen definieren
Welche ESG-KPIs sind für dein Unternehmen (oder deine Kunden) besonders wichtig?
3. Automatisierungsmöglichkeiten prüfen
Können bestehende Module (z. B. Einkauf, HR, Produktion) genutzt werden, um die Werte zu erfassen?
4. Berichtssystem aufsetzen
Dashboards, Exportvorlagen oder externe BI-Tools nutzen – am besten direkt im ERP oder über API-Anbindung.
5. Schulungen & Verantwortlichkeiten
Wer ist verantwortlich für ESG-Datenpflege, und wie werden Prozesse intern dokumentiert?
Bonus: Was KMU beim ESG-Reporting oft unterschätzen
- Lieferanteninformationen aktualisieren: Viele Systeme speichern „nur“ Adressen – dabei sind Herkunft, Zertifikate und Umweltauflagen entscheidend.
- Datenqualität: Nur automatisierte Erfassung garantiert Vergleichbarkeit und Reduzierung manueller Fehler.
- Kommunikation: ESG-Zahlen sollten nicht nur intern, sondern auch nach außen kommuniziert werden – z. B. auf der Website oder in Nachhaltigkeitsberichten.
Fazit: ESG-Reporting ist kein Zukunftsthema – sondern eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit
Auch wenn der Gesetzgeber für viele KMU noch keine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorsieht: Wer vorbereitet ist, hat klare Vorteile – im Vertrieb, bei der Finanzierung und beim Employer Branding.
ERP-Systeme wie Odoo oder SAP Business One bieten eine solide Grundlage, um ESG-Daten nicht nur zu sammeln, sondern sinnvoll zu nutzen – automatisiert, effizient und nachvollziehbar.
Jetzt starten: Nachhaltigkeit mit System
Du willst ESG-Kennzahlen automatisieren und dein ERP fit für die Zukunft machen? Hier findest Du als Service unsere kostenlose Checkliste zum Thema ESG im ERP zum Download.
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Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.
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